Keine Party ohne Fingerfood: Zum Aperitif reicht der geübte Gastgeber Kleinigkeiten gegen den ersten Hunger. Bei Biedermanns sind das Butterbrote oder Frikadellen; die Toskana-Fraktion fährt Antipasti und Tramezzini auf. Hat man eine Hütte auf Mallorca, werden Tapas daraus; schlanke Menschen schicken Sushi ins Rennen und Frankreichfreunde Amuse-Bouches, weil Gueule so hässlich nach Schnauze klingt. Die Häppchen, Rechtsnachfolger der Schnittchen, sind allgegenwärtig und Symbol der gleichnamigen Kultur.
Letztes Wochenende war wieder Häppchen-Showdown im Luxushotel. Die hübschen Kellnerinnen wurden nicht müde, zum Stehempfang ihre Silberplatten mit den Lachs- und Shrimps-Kreationen anzureichen. Und wieder einmal zeigte es sich, dass es gar nicht so einfach ist, ordentliche Häppchen herzustellen:
Zu groß: Volks-Häppchen mit Maulfüll-Qualität verstopfen jedes Gespräch.
Zu klein: Edel-Häppchen sind so winzig, dass man drei- bis fünfmal hinlangen muss, um überhaupt etwas zu schmecken.
Zu nass: Feuchte Auflagen durchweichen den Brotsockel, und das Häppchen schafft es kaum zum Mund. Da hilft die hingehaltene Papierserviette nur wenig.
Zu trocken: Der Belag geht ja noch, das Drunter ist reine Sättigungsbeilage. Erstaunlich, wie findig dann so mancher Gast mit der Entsorgung des Sockels ist.
Das perfekte Häppchen lässt sich mit zwei Fingern packen, unfallfrei zum Mund führen und in einem Happs verschlingen: Abbeißen müssen ist Anleitung zum Unglücklichsein. Das perfekte Häppchen hat vor allem diesen großen Vorteil: Es schmeckt.Aber das ist leider selten der Fall.
Hermann Koch
10. November 2010
Dem möchte ich mich anschließen. Besonders bedauerlich ist jedoch zum Einen der Trend partout nicht auf undefinierbare Creme/Farce verzichten zu wollen, deren Daseinsberechtigung häufig einzig der Optik geschuldet ist. Und zum Anderen der Hang zur Lebensmittelarchitektur, der ,gelegentlich ausufernd, zu Instabilitäten führt die sich günstigenfalls als Bombardement des Parketts, schlimmstenfalls als farbliche Nuancierung der Krawatte niederschlagen. Das geht zwar nicht soweit, dass man sich den Käseigel zurückwünscht aber ein wenig mehr Substanz und Genusszentriertheit wären durchaus erstrebenswerte Qualitäten einer richtig geleiteten „Häppchen-Kultur“.
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